- 2. Februar 2022
Futter, Federn, Fakten: die große Vogelzählung im Weltvogelpark Walsrode
Walsrode. Mit Maßband, Waage oder Kamera – wenn Ende Januar die Tierpfleger:innen, -ärzt:innen und Biolog:innen des Weltvogelparks Walsrode in die Saisonvorbereitung einsteigen, werden alle Tiere gründlich durchgecheckt. Dabei steht nicht nur der Gesundheitsstatus im Fokus, sondern auch die Futterkalkulation fürs neue Jahr. Denn die über 4.000 Vögel aus 650 Arten haben nicht nur einen großen Appetit, sondern bisweilen auch einen äußerst eigenwilligen Geschmack.
Alle Jahre wieder – von Januar bis zur Saisoneröffnung Mitte März – aktualisieren die Mitarbeitenden des Weltvogelparks die Datenblätter und Bestandsbücher des Weltvogelparks. Dabei startet das Team zuallererst mit einem Blick auf das Vorjahr. Allein im Jahr 2021 sind knapp 32.000 kg Fisch, 11.000 kg Fleisch, 19.500 kg Futtertiere sowie rund 1.000 kg Insekten wie Mehlwürmer verfüttert worden. Hinzu kommt eine Menge Obst- und Gemüse wie etwa allein 1.600 kg Bananen, rund 13.000 kg Äpfel und Birnen, über 1.650 einzelne Salatköpfe, 7.000 kg Melone und Papaya, 4.500 kg Kartoffeln und Möhren sowie über 6.000 Eier.
„Echte Gourmets und bisweilen sehr wählerisch sind zum Beispiel die verschiedenen Papageienarten. So bevorzugen unsere beiden Palmkakadus Granatäpfel und haben davon 2021 genau 98 Stück gefressen. Und unsere Zwergpapageien lieben getrocknete Feigen. Insgesamt 31 Kilo wurden davon 2021 vernascht“, verrät Janina Ehrhardt, Pressesprecherin des Weltvogelparks.
Die richtige und ausreichende Ernährung spielt also eine große Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Weltvogelpark-Bewohner:innen. „Dementsprechend wichtig ist eine regelmäßige Evaluierung unserer Bestände und des Bedarfs. Denn schließlich steht bei uns auch eine ausgewogene und artgerechte Ernährung im Vordergrund“, verrät Janina Ehrhardt weiter. „So bekommen tropische Arten, wie z. B. die Nashornvögel, die sich in der Natur von verschiedenen Früchten ernähren, von uns einen leckeren Obstsalat in Kombination mit speziell für diese Vogelarten entwickelten Frucht-Pellets, die eingeweicht werden und so eine Konsistenz wie reife Früchte haben. So können wir eine gute Versorgung mit allen Nährstoffen gewährleisten.“
Schwimmendes Futter für die Flamingos
Bereits im November wurden mit der Umsiedelung in die Winterquartiere die Jungtiere, die von den Elterntieren z. B. in der großen Freiflughalle selbstständig aufgezogen wurden, erfasst und beringt und damit offiziell in den Vogelbestand aufgenommen. Nun werden – immer mit Bedacht und Augenmaß – auch die erwachsenen Tiere noch einmal besonders unter die Lupe genommen. Dabei heißt es stets: bloß keinen Stress! Denn den gilt es im Umgang mit den Vögeln tunlichst zu vermeiden.
So werden etwa die besonders stressanfälligen Flamingos nur einmal im Jahr zum großen Gesundheitscheck beordert. Gezählt werden die drei Flamingogruppen am besten bei ihrer kleinen Reise vom Innenbereich in den Außenbereich der Anlage. Bei 93 Kuba-, 49 Chile- und 29 Rosaflamingos – die sich weitgehend gleichen – ist das nicht immer einfach. Präzision ist jedoch wichtig, denn schließlich muss jedes Kilo Futter kalkuliert werden. Über 4.700 kg Pellets werden über das Jahr an die Flamingos verfüttert. Diese Pellets sind von der Firma Versele-Laga zusammen mit den Expert:innen des Weltvogelpark entwickelt worden und genau auf die Bedürfnisse der Flamingos abgestimmt. Da das Futter eine Zeit lang auf der Wasseroberfläche schwimmt, können die Flamingos im Wasser ihren aus feinen Lamellen bestehenden „Filterapparat“ im Schnabel nutzen, um es aus dem Wasser zu seihen. Übrigens: In der Natur würden sich Flamingos von kleinen Krebstieren und Algen ernähren, die auch die roten Farbstoffe – Karotinoide – enthalten, die das Gefieder so schön rosa färben. Diese natürlichen Farbstoffe müssen auch im Futter enthalten sein – denn sonst würden nach jeder Mauser die Federn weiß nachwachsen.
Tierpflegerinnen mag Marabudame Malaika nicht
Etwas einfacher als bei den Flamingos ist die Zählung bei den Humboldt-Pinguinen, denn diese sehen nur oberflächlich gleich aus. Die Unterschiede zeigen sich im Bauchgefieder. Der Bauch ist weiß gefärbt und zeigt ein Muster aus schwarzen Punkten – die Anzahl und Verteilung dieser Punkte sind bei jedem Pinguin unterschiedlich und genauso unverwechselbar wie ein menschlicher Fingerabdruck! So kann jeder Pinguin dank seinem Punktmuster eindeutig seiner Transponder-Nummer zugeordnet werden. Zur schnellen Erkennung – etwa bei der Fütterung – tragen farbige Armbänder an den Flügeln bei. Ganz ohne Stress können so die 24 Pinguine beim Füttern von Fisch aus der Hand gut im Blick behalten werden.
Einfacher lassen sich die Vögel der Flugshow vermessen, denn diese sind an die Trainer als feste Bezugspersonen gewöhnt und haben eine starke Vertrauensbindung. Und so lässt sich auch die Marabudame Malaika, seit 2021 Mitglied des Flugshowteams, geduldig inspizieren und vermessen. Allerdings nur von den männlichen Tierpflegern. Malaika hat zwar einen ruhigen Charakter, ist sehr zutraulich und gelehrig und hat sich schon in ihrem ersten Jahr zu einem Publikumsliebling gemausert. Nur Tierpflegerinnen haben es schwer mit ihr, denn die mag sie so gar nicht. Daher wird sie ausschließlich von den männlichen Kollegen umsorgt und trainiert. 59 Zentimeter sind ihre dünnen Beine lang, ihre Körpergröße misst mittlerweile über 110 Zentimeter.
Für Bananen tut Palmgeierweibchen Oreo fast alles
Ebenfalls neu in der Show ist das Palmgeierweibchen Oreo. Oreo ist sehr menschenbezogen und neugierig. Dank intensivem Training konnte sie schon nach 21 Tagen frei über die Flugshowwiese segeln. Absoluter Rekord: Üblicherweise dauert ein solches Training mehrere Monate. Im Gegensatz zu vielen anderen Geiern haben Palmgeier übrigens einen befiederten Hals und Kopf, da sie sich in der Natur nicht von Aas, sondern überwiegend von Palmfrüchten ernähren. Sie können sogar mit dem Rücken nach unten unter Früchten hängen, um diese mit dem Schnabel zu lösen und sie dann zu zerkleinern. Das Training im Park klappt besonders gut mit Bananen – die liebt das Palmgeierweibchen. Mit diesen gelockt, stellt sich Oreo gern auf die Waage, denn schließlich geht es dabei ja auch um ihren Futternachschub.
Bilder: Weltvogelpark Walsrode